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Der Anruf kommt um 19.30 Uhr aus dem Brünnchen: "Euer Alfa ist mit eingeschalteter Warnblinkanlage langsam unterwegs." An Box 31 bricht Hektik aus. Was ist mit dem Wagen? Motorschaden? Getriebe kaputt? Minuten später ist der weiß-rote Alfa Romeo 147 mit der Startnummer 265 endlich da. "Keine Leistung mehr", berichtet Fahrer Victor Smolski, einer von drei weiteren Fahrern auf dem Diesel, den wir scherzhaft "Alfatier" nennen. Das Auto hat einen 1,9-Liter Turbodiesel-Motor, 160 PS und stammt aus einem Markenpokal, den Alfa Romeo von 2001 bis 2004 ausgerichtet hat. Victor spielt normalerweise Gitarre - unter anderem in der Hardrock-Formation "Rage"; eine seiner Kompositionen ("Straight To Hell") findet sich auf dem Soundtrack zum Film "Der Schuh des Manitu". In dieser Saison fährt der Sohn des Komponisten Dmitry Smolski die russische Tourenwagen-Rennen-Serie RTCC mit einem VW Polo; beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring ist der 37-Jährige seit 2003 dabei.

Das Team ZRacing (Alfatier): Ralf Zensen, Marcus Bierlein, Victor Smolski, Christopher Peters, Thomas Vielhauer, Dietmar Buchholz, Thomas Böling, Josef Ismar, Rui Ladeira, Michael Raths, Robert Ciecoz, Michael Houschka Bianca, Jenni, Noemi, Silke.

Die genaue Ursache für den Leistungsverlust kann zunächst nicht gefunden werden, "erstmal wieder rausfahren", entscheiden Thomas Böling und Josef Ismar von Veytal-Tuning in Mechernich-Obergartzem, die den Alfa für das Rennen vorbereitet haben. Also einsteigen, Gurt festzurren, Spiegel und Lenkrad einstellen; 19.45 Uhr, erster Turn beim diesjährigen 24h-Rennen, nach der Premiere 2005 mit einem Opel Kadett. "Dreh erstmal nur bis 4000", lautet die Anweisung von Ralf Zensen, dem vierten Fahrer und Chef des Teams. Doch selbst die schafft der Alfa nicht mehr - mühsam schleppt sich der Rennwagen aus einer Senke. Dabei zieht er eine schwarze Rauchwolke hinter sich her, die sogar dem Sportsender DSF ein paar Live-Bilder wert sind, der ansonsten fast ausschließlich die Spitzenteams zeigt. Weiterfahren hat so keinen Sinn, das Auto muss sofort wieder an die Box! Dort fängt er dann fast an zu brennen. Wenn das auf der Nordschleife passiert wäre. . . Der Mechaniker eines der anderen sieben Teams, die zusammen mit uns in der Box untergebracht sind, schüttelt seine komplette Sprudelflasche in den kokelnden Innenraum, um einen Brand zu verhindern und sagt dann trocken: "Ich geb' alles!"

Das Versagen der Technik kommt einer Katastrophe gleich - Katalysator zusammengeschmolzen, Auspuff dicht. Der Kat muss raus, ist allerdings glühend heiß. Trotzdem packen die Mechaniker das Ding an. Die Reparatur dauert, Runde um Runde gehen verloren, nachdem Startfahrer Christopher Peters aus Mönchengladbach und Victor Smolski uns bereits von Startplatz 183 auf 125 und in der Dieselklasse unter die ersten 10 von 20 nach vorne gebracht haben. Die Hitze im Katalysator hat eine Membran an einem Anbauteil des Turboladers zerstört. Dieses "Basekit" haben wir selbst nicht mit. Vielleicht zehn Boxen weiter Schlaug-Motorsport; die in einer anderen Rennserie einen Alfa 147 für Clubkamerad Uwe Reich einsetzen? "Nein, fragt mal bei Lingmann in Box 7". Dort heißt es: "Guckt im Lkw nach." Der steht wieder ganz woanders. 24h-Rennen am Ring heißt auch: laufen. Aber immerhin, nach einigem Stöbern in Ersatzteilkisten findet sich das dringend benötigte Teil. Inzwischen ist das "Alfatier" aber auf Rang 169 zurückgefallen. Später erfahren wir, dass die anderen Alfa-Teams beim Tanken dem Diesel ein Additiv beigeben, um diesen Schaden am Kat zu verhindern. Über eine Stunde steht der Alfa, dann haben Thomas Böling, Josef Ismar, Rui Ladeira, Michael Raths und Robert Ciecoz den Defekt behoben.

Langsam bricht bereits die Nacht über dem Nürburgring herein. Das Fahren im Dunkeln auf der Nordschleife gilt als eine der größten Herausforderungen im Rennsport überhaupt. Es ist in etwa wie auf einer Achterbahn - nur das jeder einen eigenen Waggon hat und die anderen mitten im Dreier-Looping auch noch überholen wollen. Ab und zu hält einem dann noch jemand beide Augen zu. Denn wenn von hinten Autos mit gleißendem Scheinwerferlicht auftauchen, sieht man vorne die Strecke nicht mehr - und das bei Tempo 200 bergab in einer Kurve. Manche Teilnehmer sind dem nicht gewachsen - vor allem ausländische Fahrer müssen ihrer mangelnden Erfahrung auf der Berg-und-Talbahn Tribut zollen. Plötzlich stehen große Porsches, die tagsüber mühelos vorbeiziehen, im Weg - oder ein Maserati, den Michael Bartels mit ebenfalls erfahrenen Piloten aus Italien und Belgien steuert.

Um Mitternacht ereignet sich nach dem Motorschaden eines Honda eine Massenkarambolage. Wer dort ankommt, bevor die Streckensicherung vor der Gefahr warnt, sieht dem Schicksal ins Auge. Einer davon ist Hans-Joachim Stuck, der in seiner langen Rennfahrerkarriere schon viel erlebt hat, aber nach eigenen Worten selten eine so riskante Situation. Er kracht mit einem BMW in die Leitplanke. Der Alfa kommt an der abgesperrten Unfallstelle heil vorbei, dummerweise kann durch die langsame Fahrt während der Gelblichtphase der Maserati wieder aufschließen, dessen Fahrer einige Kilometer später Revanche für das Überholmanöver zuvor nimmt und den Alfa vor einer Kurve wieder ausbremst. Dabei gerät der Wagen auf die Wiese und leicht ins die Schleudern. Nicht die einzige Schrecksekunde in der Nacht, doch die gefährlichste Situation ereignet sich morgens, als es längst wieder hell ist: Aus heiterem Himmel kracht auf gerader Strecke rechts ein anderes Fahrzeug zweimal längsseits in den Alfa; der Wagen gerät bei hoher Geschwindigkeit ins Schleudern, stabilisiert sich durch schnelles Gegenlenken aber wieder. Eine Delle in der Tür, mehr hat der Alfa nicht abbekommen. Der andere Fahrer hat weniger Glück, sein Rennauto schleudert in die Leitplanke.

Ein ganz anderes Problem ereilt später Christopher Peters: Nachdem beim Boxenstopp aus unerfindlichen Gründen zu wenig Diesel in den Tank geflossen ist, muss er sich im Streckenabschnitt Breidscheid abschnallen und zu einer Tankstelle joggen, deren Betreiberfirma vor 20 Jahren in ihren Werbespots "I'm walking" spielte. Es gibt bessere Stellen, um auf der Nordschleife ohne Sprit zu stranden. Da kommen nach dem Ruf "Benzin!" die Kanister nur so geflogen - dort ist es für die Fans eine Ehre, den Fahrern zu helfen. So aber gehen wertvolle Minuten verloren.

Trotzdem ist nach 20 Stunden Gesamtrang 115 von 220 Startern erreicht. Es bleibt die beste Position, denn gerade als Platz zehn in der Dieselklasse noch möglich scheint, ereilt den Alfa das Aus - Getriebeschaden!

Offenbar ein typisches Problem bei diesen Rennwagen. Das benachbarte Team vom MSC Ruhrblitz muss dreimal wechseln, ein Getriebe wird noch während des Rennen aus Münster geholt; am Ende kollabiert der Motor - das Aus nach 19 Stunden und "nur" 54 gefahrenen Runden.

An unserem 147er geht wenigstens der vierte Gang noch - und der reicht, um noch die allerletzte Runde um kurz vor 15 Uhr am Sonntag fahren zu können, um als Gesamt-128. und 14. in der Klasse gewertet zu werden.

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